Kunsthistorkier Dr. Peter Holzwig 

Rede zur Vernissage am 22.04.07, Tanzhaus NRW Ausstellung Frau Cecily Park 

 


Meine sehr geehrten Damen und Herren, 

liebe Tanzhäuser,

liebe Frau Park! 

 

Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, dass die koreanische Künstlerin Cecily Park sehr gut malen kann. Die schön großformatigen Köpfe sind mit leuchtenden Acrylfarben und sicherem Pinselstrich gestaltet. Das Haar, das in vielen ihrer hier geeigneten Gemälde die Bildfläche dominiert, enthält durch die sehr fein nuancirte und idealisierende Ausarbeitung der Farb- und Lichtwerte eine durchaus beeindurckende Präsenz. Erschließlen sich also die handwerklich-künstlerischen Qualitäten der Werke jedem unmittelbar, so seien nur einige Hinweise auf die inhaltlichen Finessen der Leuchtschöpfe angefügt. 

 

Zunächst haben wir es im Kern mit einem berühmten Topos, also einer festen Formulierung, der Malerei der Romantik zu tun, allerdings sozusagen in konzentrierter Form: der Rückenfigur. Handelte es sich allerdings in der Romantik zumeist um die ganzfigurige Rückenansicht von Menschen, so bleibt der Körper hier fast ausschließlich auf den Kopf reduziert. Zudem gibt es keinen symbolgesättigten Landschaftsausblick - man denke an Caspar David Friedrich -, sondern das Wohin des imaginierten Blicks der Dargestellten bleibt offen, um es ein wenig geschraubt-poetisch zu formulieren. Immerhin funktioniert die Hereinnahme des Betrachters in die – vorgestellte – Blickrichtung des Dargestellten und damit die Errichtung einer Identifizierungsachse auch in der konzentrierten Form. Hinzu kommt hier, dass man einerseits in einen imaginierten Blick hineingezogen wird, andererseits aber das, was zu sehen sein könnte, das, was dem Dargestellten erscheinen könnte, schon durch die fast bildfüllende Größe der gezeigten Köpfe verborgen bleibt. 

 

Auch das Antlitz der Gezeigten bleibt – um eine weitere Ebene des Gehaltes anzusprechen - verborgen. Und da die Köpfe in der Bildrelation eben eigentlich Porträtformat  haben, lassen sich die Gemälde insofern auch gleichsam als „verhinderte“ Porträts verstehen.

 

Bleiben die Menschen - abgewandt - anonym, so gibt es doch in der Ausführung der Haardarstellung durchaus Individuelles - und das auch bei aller idealen Pinselpracht: Graues, zerbrechlich wirkendes Haar, flüchtig zusammengesteckte Haarfülle, ein  im Wind  wehender kräftiger Schopf  scheinen jeweils eine eigene Geschichte zu eröffnen. Sie sind in der Lage, Neugier zu erwecken auf das dazugehörige Gesicht. Doch das „erlösende“ Umwenden findet nie statt - und eine Spannung ist erzeugt.

 

Weiterhin findet die Anonymität der Großstadt in diesem Werken gestaltet. So wie die Dargestellten für die Künstlerin (und auch für uns) anonym bleiben, so blieb es die Künstlerin bei der fotografischen Grundlegung ihrer Gemälde für  die Beobachteten. Was bleibt, ist ein schüchtern-faszinierter Blick auf die Abgewendeten. Die nur optisch - durch das Zoom - überbrückte Distanz bleibt im Gemälde spürbar. Nicht zuletzt geht es Frau Park offensichtlich um eine künstlerische Auseinandersetzung mit dem Phänomen „Zeit“. Die Rückenperspektive zeigt - wie gesagt - Passanten, bis in einzelne Strähnen hinein scheint die Windbewegung des Haars fixiert, das Ganze enthält jeweils den Ausschnitt aus einer Kopfbewegung - denn die „Modelle“ sitzen ja nicht Porträt, sondern sind in einem Bewegungszug abgelichtet - ... in der Kunst Cecily Parks soll der „Augenblick“ „verweilen“: Der schöne Moment wird - letztlich - mit Mitteln der Malerei „überhöht festgehalten und erhält dadurch einen ausgezeichneten Wert beigemessen.

 

Damit ist jedoch zugleich das zentrale Menschheitsthema der  Vergänglichkeit, der Flüchtigkeit und Zerbrechlichkeit unseres Daseins, welche Strahlkraft es auch immer entfalten mag, mit angesprochen.

 

„Die Tage des Regenbogens“ – um die Titelmetapher der fragilen Erscheinung farbigen Lichts aufzugreifen – enthüllen sich so als eine Reihe spannungsvoller Kunststücke, die Vergänglichkeit und Schönheit, Melancholie und Lebensbejahung, Distanz und Nähe in sich vereinen - und das verdammt gut gemalt - sieh oben...

 

Vielen Dank!